Parlamentarische Rechte dürfen nicht beeinträchtigt werden

Freie Demokraten wenden sich ans Thüringer Verfassungsgericht

Die Freien Demokraten im Thüringer Landtag haben heute den Thüringer Verfassungsgerichtshof angerufen. Sie bitten das ranghöchste Gericht des Freistaats, die Rechte und die Ausstattung, welche ihnen der Landtag als Parlamentarische Gruppe zubilligt, auf Angemessenheit zu prüfen. Die Abgeordneten Franziska Baum, Dirk Bergner, Thomas L. Kemmerich sowie Robert-Martin Montag beantragen den Erlass einer einstweiligen Anordnung und strengen außerdem ein Organstreitverfahren an.

Die Abgeordneten vertreten die Auffassung, dass sich die Pflichten, Aufgaben und Rechte der Gruppe unmittelbar aus der Landesverfassung ableiten. Das bedeutet aber auch, dass sich die Ausstattung der Gruppe an der tatsächlich zu leistenden parlamentarischen Arbeit zu bemessen hat. Dieses verfassungsgemäße Prinzip, welches durch einschlägige Rechtsprechung festgehalten wurde, berücksichtigt der Thüringer Landtag nicht.

Unter anderem leisten die Freien Demokraten in allen 13 Fachausschüssen sowie im Ältestenrat des Parlaments eine konstruktive Sacharbeit. Das zeigt sich auch darin, dass immer wieder Initiativen und Gesetzesvorschläge der oppositionellen FDP mehrheitlich vom Parlament angenommen werden. Das drastische Kürzen sowie das Vorenthalten zugesagter Sach- und Personalkostenzuschüsse beeinträchtigen die Arbeitsfähigkeit der Gruppe allerdings nachhaltig. In der Konsequenz werden die parlamentarischen Rechte der FDP-Abgeordneten erheblich eingeschränkt. Außerdem wird der Gruppe nur noch die Beantragung einer Aktuellen Stunde pro Quartal zugebilligt.

Das Begehr der Gruppe, weiterhin einen parlamentarischen Geschäftsführer bestellen zu dürfen, ist maßgeblich durch umfängliche Koordinierungsaufgaben begründet. Er organisiert nicht nur die Gruppe nach innen, sondern ist ebenso für das Abstimmen der parlamentarischen Arbeit mit den anderen Fraktionen zuständig, noch dazu in einem durch nicht einfache Mehrheitsverhältnisse geprägten Parlament. Diesen Status gilt es rechtskräftig zu normieren, er darf sich nicht nur aus dem Wohlwollen anderer Fraktionen ergeben. Die Funktion des parlamentarischen Geschäftsführers ist angesichts der Vielzahl und Verschiedenheit der Aufgaben auch nicht identisch mit der des Sprechers einer Gruppe.

Der Sprecher ist nach überwiegender Rechtsprechung gleichzusetzen mit einem Fraktionsvorsitzenden. Ihm obliegt maßgeblich die rechtliche und repräsentative Vertretung der Gruppe. Das schließt auch die Wahrnehmung von täglich mehreren auswärtigen Terminen ein. Die Gruppe repräsentiert weiterhin die FDP, welche als Partei bei der Landtagswahl vor zwei Jahren mehr als fünf Prozent erreicht hat. Auch der Austritt einer Abgeordneten aus der Fraktion schmälert nicht den aus dem Wahlergebnis resultierenden repräsentativen Anspruch. Die parlamentarische Demokratie ist angewiesen auf eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung. Insofern gehört es zu den Aufgaben des Sprechers, für die politischen Inhalte der Gruppe zu werben.

Die Angelegenheit ist eilbedürftig, da den Vertretern der Opposition ansonsten ein irreversibler Schaden droht.